Programmheft APR-JUL 2024:

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Das Heilige Edikt (Shengyu) der Qing-Kaiser und seine Übersetzungen in die europäischen Sprachen

Prof. Dr. Roland Altenburger (Universität Würzburg)


Bereits seit der frühen Ming-Zeit hatte es eine Tradition der Ermahnungen des gewöhnlichen Volks durch den Kaiser gegeben. In der Qing-Zeit schloss der Kangxi-Kaiser daran an, indem er seine Heiliges Edikt (Shengyu, 1670) genannten sechzehn Maximen verfasste. Sie sollten zweimal im Monat auf den Dorfversammlungen im ganzen Reich vorgetragen werden. Nachdem das fünfzig Jahre lang in freier Improvisation getan worden war, legte der Yongzheng-Kaiser eine ausformulierte Interpretation vor: Die erweiterten Ermahnungen des Heiliges Edikt (Shengyu guangxun, 1724). Da diese in klassischer Literatursprache verfasst waren und sich zum mündlichen Vortrag nicht eigneten, entstanden diverse Paraphrasen des Texts in vernakulärer oder sogar kolloquialer Sprache. Die bekannteste Fassung stammt von Wang Youpu.

Aufgrund der universalen Verbreitung der Fassungen des Heiliges Edikts und wegen der diesem Text zugeschriebenen hohen Bedeutung wurden im Laufe des 19. Jhs. auch Europäer darauf aufmerksam und legten verschiedene übersetzte Fassungen des Texts vor. Allerdings war ihr Interesse daran sehr unterschiedlich: Einige sahen darin eine essentielle Darstellung chinesischer sozialpolitischer Ideologie, während andere den Text als Panorama der Alltagsethik für bedeutungsvoll hielten. Wieder andere betrachteten entweder die klassische oder die kolloquiale Fassung des Texts als ideales Textbuch für Sprachlernende. Einige protestantische Missionare erkannten darin sogar das chinesische Gegenstück zum Evangelium und ein Modell für Predigten an das einfache chinesische Publikum.

In meinem Referat werde ich einerseits in das Textsystem des Heiliges Edikts einführen, andererseits die einflussreichsten Übersetzungen in europäische Sprachen vorstellen.

  • Di, 28. Januar 18.00 - 19.30 Uhr
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